Im November 2024 begann die Societas Jablonoviana ihren Jubiläumszeitraum 2024–2027 mit einer Reihe von Veranstaltungen. Unter anderem die Verleihung des Jabłonowski-Preises 2024 und die Jabłonowski-Vorlesung fanden im Beisein hochrangiger Gäste und in festlichem Rahmen statt. Die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und das Polnische Institut Berlin, Filiale Leipzig stellten für die Veranstaltungen ihre Räumlichkeiten zur Verfügung.
14. November 2024
Preisverleihung
Den Auftakt bildete die Verleihung des Jabłonowski-Preises an Dr. Sabine Jagodzinski (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel). Der nach dem Stifter der Societas Jablonoviana benannte Preis wird an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verliehen, die sich mit Forschungen zu deutsch-polnischen Fragestellungen hervorgetan haben. Jagodzinski wurde vor allem für ihre Forschungen zur Kommemoration der osmanischen Expansion in der polnisch-litauischen Adels- und Hofkultur in Rahmen ihrer Dissertation an der Humboldt-Universität Berlin ausgezeichnet. Das Dissertationsprojekt Jagodzinskis lobte der Laudator Prof. Dr. Bogusław Dybaś (Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń) als eine außergewöhnliche Leistung. Diese sei mit Wissen und Sensibilität für das Thema und die bisherige Forschung formuliert, sowie methodisch innovativ ausgearbeitet. Anschließend verknüpfte die Preisträgerin in ihrem Kurzvortrag „Ein Husar in Wolfenbüttel, oder: Philipp Hainhofers ostmitteleuropäische Kontakte“ verschiedene ihrer Forschungsprojekte. Sabine Jagodzinski sprach im Zuge dessen über ihr kurz vor dem Abschluss stehendes Projekt an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, das die digitale Edition des sogenannten Großen Stammbuchs der Augsburger Kunstagenten und Korrespondenten Philipp Hainhofer zum Ziel hat. Die in jenem Album Amicorum aus der Zeit um 1600 handschriftlich verewigten hochrangigen Persönlichkeiten und Hainhofers umfangreiche und ausführlich von ihm dokumentierte Reisetätigkeit zeugen unter anderem von seinen Begegnungen mit dem Kronprinzen von Polen, später König Wladyslaw IV. Wasa, einer polnischen Gesandtschaft und verschieden Fürsten des Reichs.
Jagodzinski richtete ihren Blick insbesondere auf Pommern und Warschau, innerhalb Hainhofers Fokus lagen aber auch Schlesien und Böhmen. Selbst zu König Jan III. Sobieski, einem Protagonisten aus dem Dissertationsvorhaben Jagodzinskis, konnte, zumindest ikonographisch, in der Präsentation ein Bogen geschlagen werden. Sie veranschaulichte die große Spannweite frühneuzeitlicher Personennetzwerke und den europaweiten Austausch in künstlerischen und gesellschaftlichen Aspekten.
15. November 2024
Jabłonowski-Vorlesung
Am darauffolgenden Tag, im Beisein des Botschafters der Republik Polen in Deutschland, Jan Tombiński, des Vizepräsidenten der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Prof. Wolfgang Huschner, sowie des Prorektors der Universität Leipzig, Prof. Matthias Middell, und des Referatsleiters Wissenspolitik der Stadt Leipzig, Dr. Torsten Loschke, hielt Prof. Dr. Andrzej Betlej, Direktor des Königsschlosses auf dem Wawel in Krakau, die jährliche Jabłonowski-Vorlesung. Das Thema der Vorlesung umfasste die Kunststiftungen der polnischen Adelsfamilie Jabłonowski im 18. Jahrhundert. Dabei führte Betlej aus, wie die Familie, die gerade erst in der Mitte des 17. Jahrhunderts in den oberen polnischen Adel aufgenommen wurde, mittels Kunst und Architektur die eigenen Repräsentationsbedürfnisse befriedigte. Die eigene Dynastie in den höchsten Kreisen der Aristokratie durch gezielte Heiratspolitik zu etablieren, war spätestens seit dem Hetman Stanisław Jabłonowski (1634–1702) erfolgreich. Doch führte Betlej aus, welche wichtige Rolle die zahlreichen Residenzbauten und Stiftungen der Jabłonowskis in Polen-Litauen spielten. Als letztes Beispiel führte der Kunsthistoriker den Stifter der Societas Jablonoviana an, deren Jubiläum immerhin an diesem Tag begangen wurde. Józef Aleksander Jabłonowski (1711–1777), ein Enkel des Hetmans und inzwischen Reichsfürst, verließ seine polnische Heimat und gründete in Leipzig im Jahr 1774 die Societas Jablonoviana als eine Gelehrtengesellschaft nach dem Vorbild von anderen europäischen Akademien der Wissenschaften.
Podiumsdiskussion
An die Vorlesung anschließend diskutierten Prof. Dr. Bogusław Dybaś (Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń), Dr. Maximilian Görmar (Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel), Prof. Dr. Helena Flam (Universität Leipzig, Institut für Soziologie), und Prof. Dr. Miloš Řezník (Technische Universität Chemnitz, Europäische Regionalgeschichte) über die historischen und aktuellen Rollen von Gelehrtengesellschaften, um sich der Frage zu nähern, wie die Zukunft der Societas Jablonoviana in einer zunehmend globalisierten und digitalisierten Welt aussehen kann. Zuerst verwies Prof. Flam in ihrem Redebeitrag auf die Rolle von Frauen bei der Entstehung und Genese historischer Societäten. Dabei waren es vor allem Salons, die von Frauen veranstaltet wurden, welche der Ausgangspunkt für Gründungen oder aber ein ebenso funktionales Austauschforum gewesen sind. Hieran anschließend, hat Dr. Görmar einen Überblick über die Gelehrtengesellschaften im 17. Und 18. Jahrhundert gegeben, die in Leipzig ein dichtes Netz bildeten und in ihrer Wirkungsweise auch in andere Universitätsstädte ausstrahlten. Prof. Dybaś erweiterte dieses Bild über parallel entstandene Gelehrtengesellschaften in Polen. Mit Details über das Innenleben dieser Gesellschaften verschaffte Dybaś der Gruppe eine Grundlage über die unterschiedlichen Wirkungsweisen von Gesellschaften nach Innen und Außen zu reflektieren.
Ausstellung
Zum Abschluss der Jubiläumsfeierlichkeiten wurde die Ausstellung „250 Jahre Societas Jablonoviana — Polen, Sachsen und Leipzig. Wissenschaftliche Traditionen und Vernetzungen“ eröffnet. Die von Dr. Ewa Tomicka-Krumrey und Willi Hameister kuratierte Ausstellung verfolgt das Ziel, den Wandel der Wissenschaftsgesellschaft und deren Wirken von der Gründung im 18. Jahrhundert bis in das 21. Jahrhundert zu beleuchten: ihre Gründungsphase im Geiste der Aufklärung, ihre Rolle als Impulsgeberin für Wissenschaftsdisziplinen und Institutionen im 19. Jahrhundert, bis hin zu ihrer Wiederbelebung im 20. Jahrhundert und ihrer heutigen Bedeutung als Plattform für internationale wissenschaftliche Vernetzung. Dabei geht es nicht nur um historische Errungenschaften, sondern auch um die Frage, welche Rolle wissenschaftliche Netzwerke in einer globalisierten Welt spielen können. Die Ausstellung gibt auch einen Ausblick auf das an der Sächischen Akademie der Wissenschaften begonnene digitale Projekt „Wissensbasis Societas Jablonoviana“, in dem die Geschichte der Societas Jablonoviana anhand von polnischen und deutschen Archivbeständen in einer digitalen Datenbank umfänglich erfasst wird. Daran anschließend sollen in einer digitalen Ausstellung die Wechselwirkungen der Mitglieder, Preisträgerinnen und Preisträger, sowie die regionale und wissenschaftliche Strahlkraft der Societas Jablonoviana anschaulich visualisiert werden.