Jabłonowski und Leipzig
1768
Neuanfang in Leipzig
Im Jahr 1768 siedelte Aleksander Józef Jabłonowski mit seiner zweiten Frau Franciszka Wiktoria Woroniecka nach Leipzig über. Die Gründe, seine Heimat zu verlassen, waren vielfältig. Jabłonowski hatte bereits in Warschau und in Danzig Versuche unternommen, eine wissenschaftliche Gesellschaft zu gründen, die beide zu seiner Enttäuschung und zum Rückzug aus dem Vorhaben führten. Politische Unruhen und der Einmarsch russischer Truppen in Ostpolen infolge der Konföderation von Bar (1768), die sich gegen den neu gewählten polnischen König Stanisław II. August Poniatowski (reg. 1764–95) und gegen Russland richteten, erschwerten die Bedingungen für sein wissenschaftliches Engagement, zumal Jabłonowski die Konföderierten unterstützte, die dem König opponierten. Fünf Jahre nach seiner Ankunft in Leipzig erwarb Jabłonowski den Gasthof „Zum Kurprinzen“ in der Kurprinzstraße 1 (später Roßplatz 8), um dort seinen neuen Lebensmittelpunkt einzurichten. Ebenso besaß er ein kleines Wasserschloss in Kitzscher bei Borna, das er „Jablonowbourg“ nannte.
1768
1769
Die Universität zu Leipzig
In der modernen und bürgerlich geprägten Universitäts- und Buchstadt Leipzig begegnete Jabłonowski einem Interesse an der Gründung einer Wissenschaftsgesellschaft von Professoren der Universität. So unterstützten die Rektoren der Universität Prof. Karol Andrej Bel (1717–1782, Historiker) und Prof. Christian August Clodius (1737–1784, Dichter und Philosoph) sowie der Rektor der Thomasschule Prof. Johann August Erne (1707–1781, Theologe und Philologe) das Vorhaben und wurden selbst Mitglieder der bald gegründeten Societas Jablonoviana. Mit diesem Engagement prägten die frühen Mitglieder den Charakter der Gesellschaft für die nächsten Generationen. Bis nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bestand die Societas Jablonoviana lediglich aus Professoren der Universität Leipzig.
1769
1774
Fundatio Perpetua
Sein langjähriges Ziel erreichte Jabłonowski 1774 mit der Bestätigung der Stiftungsurkunde der Societas Jablonoviana durch Friedrich August III. (reg. 1763–1806). Die Gesellschaft bestand aus sechs bis acht Mitgliedern und einem Sekretär. Der jährliche Festakt zu Ehren der Gewinner der Preisfragen fand in Jabłonowskis Wohnhaus „Zum Kurprinzen“ statt und wurde mit Stiftungsgeldern finanziert.
1774
1774
Aus der Stiftungsurkunde…
„Die jährliche Sitzung, welche im Prachtgemach unseres fürstlichen Jablonowski’schen Hauses hier in Leipzig für alle Zeiten stattfinden soll, möge der Präsident durch eine Rede eröffnen, welche sich auf die aufgestellten Preisfragen bezieht. Geschlossen soll diese aber werden mit einer Rede, in der unsere Liebe zur Kunst und Wissenschaft Erwähnung finden soll. Nach Schluss der Sitzung soll in ebendemselben Jablonowski’schen Hause ein für ewige Zeiten gesetztes Mahl vom jeweiligen Vermögensverwalter geboten werden. Zur Tragung der Kosten, der Wein inbegriffen, ist für jeden Gast ein Goldstück, also für 16 Gäste die Summe von 45 Reichsthalern und acht Groschen bestimmt. Nachdem die Rechnung dieser Mahlzeit dem Präsidenten vorgelegt wurde, soll er über jene Summe dem Verwalter eine Quittung geben, welche dieser dann vom Präsidenten nicht erhalten soll, wenn er, um einen Gewinn davon zu ziehen, die Mahlzeit nicht so anständig hergerichtet und dargeboten hat.“ Aus der Stiftungsurkunde von 1774. Übersetzt von Hans Simon.
1774
1777
Letzte Ruhe
Am 1. März 1777 starb Jabłonowski in Leipzig. Sein Herz fand den letzten Ruheort in der römisch-katholischen Horapelle der Pleißenburg. Die Urne aus weißem Marmor, die ebenfalls von Adam Friedrich Oeser geschaffen wurde, beherbergt nur sein Herz. Der Urnensockel trägt die lateinische Inschrift: „Apud eos cor suum hac in urna quiescere voluit, quos dilexit.“ (zu Deutsch: Er wollte, dass sein Herz in dieser Urne bei denen ruhe, die er liebte). 1790 verließ seine Ehefrau Franziszka Wiktoria Woroniecka Leipzig und verkaufte das Gasthaus „Zum Kurprinzen“ an die Familie Lepley.
1777
1780
Mäzen für Leipzig
Aus Dankbarkeit zum Kurfürsten Friedrich August II., welcher inzwischen zum sächsischen König gekrönt wurde, beauftragte Jabłonowski den Leipziger Bildhauer Adam Friedrich Oeser, ein Denkmal anzufertigen, das er vor seinem Haus „Zum Kurprinzen“ aufstellen lassen wollte. Nach dem Tod Jabłonowskis veranlasste der Rat der Stadt Leipzig die Fertigstellung des Denkmals, das am 3. August 1780 auf dem heutigen Wilhelm-Leuschner-Platz enthüllt wurde und nach 1806 den Namen Königsdenkmal erhielt. 1936 wurde das Denkmal von der nationalsozialistischen Stadtverwaltung in den Park des Gohliser Schlösschens transloziert. Dort steht es bis heute.
1780
1846
Die Sächsische Akademie der Wissenschaften
Mit der Societas Jablonoviana schaffte es Aleksander Józef Jabłonowski erstmals, eine Gesellschaft in Leipzig zu etablieren, die dem Vorbild der westeuropäischen Akademien (Académie française und Royal Society – so in der Gründungsurkunde) sowie dem von Gottfried Wilhelm Leibniz um 1700 geprägten Ideal einer Akademie zum Austausch von Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Disziplinen entsprach. In der Mitte des 19. Jahrhunderts ging von der Societas Jablonoviana der entscheidende Impuls zur Gründung einer größeren Gesellschaft aus. Auf Initiative des Sekretärs der Societas, Moritz Wilhelm Drobisch (1802–1896, Mathematiker und Philosoph), und des Mitglieds der Societas, Wilhelm Eduard Weber (1804–1891), Physiker und einer der sogenannten „Göttinger Sieben“, wurde 1844 ein neuer Professorenverein gegründet. Aus diesem ging 1846 mit Anerkennung des sächsischen Kultusministeriums die „Königlich Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften“ (heute „Sächsische Akademie der Wissenschaften“) hervor. Die finanzielle Unterstützung durch die Societas Jablonoviana spielte dabei eine wesentliche Rolle.
1846
1880
Die Jablonowski-Straße
Bei der Parzellierung des ehemaligen Vorwerks „Zum Kurprinzen“ wurde eine Straße angelegt und erhielt mit Beschluss vom 8. Mai 1880 den Namen Jablonowsky-Straße. Im Zusammenhang mit der Errichtung der „Schule am Addis-Abeba-Platz (Grundschule der Stadt Leipzig)“ auf der östlichen Grünfläche wurde die Jablonowski-Straße zu deren Vorplatz bestimmt und dem öffentlichen Verkehr entzogen. Am 15. Juli 2020 beschloss die Leipziger Ratsversammlung, auch den Straßennamen zu ändern und die Jablonowski-Straße in Addis-Abeba-Platz umzubenennen.
1880